In dankbarer Erinnerung


an den Gründer der Blasmusik Don Bosco


P. Karl Bleibtreu

1935 – 2016



P. Karl Bleibtreu

„Ich war sehr gerne elf Jahre Kaplan in Neuerdberg, und in dieser Zeit hatte ich immer Angst vor einem Tag, (Pause) dem Tag (wieder Pause) , an dem ich mich verabschieden werde“. - Juni 1974. Mit gebrochener Stimme und Tränen in den Augen verkündete der Kaplan der Pfarre Neuerdberg während der 10 Uhr Messe (damals Jugendmesse) seinen Abschied. Die zahlreichen Jugendlichen waren geschockt. Mit einer derartigen Ansage hat niemand auch nur ansatzweise gerechnet. Pater Karl Bleibtreu, der erfolgreiche wie beliebte Jugendkaplan der Pfarre soll gehen? Alle haben geheult, die Mädchen gleich in der Kirche, und die Buben, weil sie das nicht so cool fanden, dann wenn es keiner gesehen hat, aber deswegen nicht weniger. Die meisten der Jugendlichen in Neuerdberg hatten noch nicht einen Wechsel bei den Priestern erlebt. Sich dem Ordern der Salesianer Don Boscos anzuschließen bedeutet aber, sich alle paar Jahre von gewohntem und geliebten zu trennen, und neue Aufgaben zu übernehmen. Und seine neue Aufgabe war eine ganz spezielle: er durfte seine Heimatpfarre übernehmen!

Karl Bleibtreu wurde am 8. Dezember 1935 in Graz geboren. Er wuchs in der Pfarre Graz Don Bosco auf, und lernte dort die Arbeit der Salesianer Don Boscos für Kinder und Jugendliche kennen. Bereits mit 14 Jahren beschloss er selber, Salesianer zu werden. 1952 trat er in den Orden ein, legte 1959 die Ewige Profess ab, begann seine pädagogische Ausbildung und ein philosophisches Studium in Unterwaltersdorf, ehe das eigentlich kitschige Schlagwort „in Linz beginnt’s“ zu einem für seine Priesterlaufbahn sehr treffenden wurde. Karl Bleibtreu studierte in Linz Theologie, empfing 1963 im Linzer Dom die Priesterweihe, und die Don Bosco Pfarre und das Lehrlingsheim in Linz waren seine erste Station als Priester. Die Pfarre Linz hatte damals auch eine Jugendblaskapelle in der P. Karl Bleibtreu mitspielte.

1963 kam P. Karl Bleibtreu nach Wien Neuerdberg und übernahm als Kaplan die Leitung des Jugendheimes. Hier gründete er 1973 die „Jugendblasmusik Don Bosco". Nachdem er eine Menge alter, verbeulter Musikinstrumente erhalten hatte, ließ er sie reparieren, kaufte dazu, was an Instrumenten für eine komplette Kapelle notwendig war, und motivierte die Pfarrjugend mitzumachen, und Blasinstrumente zu lernen. Zu Fronleichnam 1974 kam der erste Auftritt im Rahmen der Fronleichnamsprozession. Wenige Tage später erfolgten obige Abschiedsworte. Später hat er zugegeben, dass er, hätte er von seiner Versetzung bereits gewusst, sich die Kapellgründung in Wien nicht mehr angetan, sondern für Graz aufgespart hätte.

In seinem Wirken in seiner Heimatpfarre in Graz übertraf er sich selbst. Als Bauherr war er verantwortlich für den Neubau des Pfarr- und Jugendzentrums. Er gründete einen Tischtennisverein, der sich lange in der obersten Liga Österreichs halten konnte. Und er gründete 1978 auch in Graz eine „Jugendblaskapelle Don Bosco“. Diese sieht sich immer noch als Jugendkapelle, und ist auch etwas erfolgreicher als wir Wiener, die Grazer spielten u.a. 2013 in Australien und 2016 in Rom beim Papst.

19 Jahre wirkte P. Karl Bleibtreu in Graz, dann wartete wieder eine Aufgabe, wo die Kompetenz des Bauherren gefragt war. In Wien wurde das Salesianum, in dem jahrzehntelang das Provinzialat, ein Schüler- und Studentenheim untergebracht war, und das halt schon in die Jahre gekommen war, in ein neues modernes Studentenheim umgebaut, das modernen Ansprüchen gerecht werden sollte und trotzdem Auflagen des Denkmalamtes zu erfüllen hatte.

Wieder blieb er elf Jahre in Wien, ehe er an den Anfangsort seines Wirkens zurück kehrte als Pfarrer von Don Bosco Linz. Und wieder gehörte ein Teil seiner Aufmerksamkeit der Blasmusik. Seine ehemalige Kapelle hatte zwar 1975 zu bestehen aufgehört, doch einige Musiker spielten weiterhin im Siemens-Orchester und als auch dieses aufgelöst wurde, öffnete P. Karl Bleibtreu sehr gerne die Türen für den Neubeginn einer Linzer Don Bosco Blasmusik.

P. Karl Bleibtreu hatte unwahrscheinlich viel geleistet. Er hatte aber auch das Riesentalent seine Leistungen in fesselnde Geschichten zu verpacken. Unvergesslich seine Erzählungen wie er beim Neubau des Grazer Zentrums in der Nacht mit Pistolenhalfter auf der Baustelle patrouillierte, um Diebstahl von Baumaterial zu verhindern. Doch noch mehr ins Schwärmen kam er immer dann, wenn er über Don Bosco erzählte. Da war dann bei jedem Wort die Begeisterung spürbar, die der charismatische Ordensgründer bei ihm wohl ausgelöst hat. Eine Begeisterung, die so groß war, dass er sich entschieden hat, sein Leben in den Dienst der Idee seines großen Vorbilds zu stellen. Über Don Bosco erzählt man, dass er umtriebig, ruhelos war und nie aufgegeben hat. Anders wäre es nicht möglich gewesen, so ein großes Werk aufzustellen. Das gleiche kann man wohl über P. Karl Bleibtreu sagen. Für viele war er das Abbild Don Boscos im 20.Jahrhundert. Ruhelos, immer Vollgas, wie eine Maschine, bei der der Architekt auf den Ein-/Aus-Schalter vergessen hat. Und sich nie auf dem ausruhend, was er bereits geleistet hat, sondern das im Blick, was noch zu tun ist. „Die Pension ist für mich uninteressant“ wird er zitiert.

Je älter man wird desto mehr Jubiläen gibt es. Da wird dann gerne ein Lebenslauf geschrieben um den Jubilar vorzustellen. „Musiker und Baumeister“ stand meist in jenen für P. Karl Bleibtreu. Doch tun wir ihm unrecht, wenn wir ihn auf Musik und Bauten reduzieren. In erster Linie war er Priester und Seelsorger. Einer, der sich nicht zu schade war, auch die unangenehmen Wege zu gehen. Einer, der sich der ihm anvertrauten Menschen dort angenommen hat, wo ihn der liebe Gott (oder der jeweilige Provinzial) gerade hingestellt hat.

Dieser Text beginnt und endet mit einem Abschied nehmen von P. Karl Bleibtreu. Im September 2016 endete der Weg des P. Karl Bleibtreu durch unser irdisches Leben. Über das Leben nach dem Tod können wir uns nur klischeehafte Vorstellungen machen. Wenngleich bei P. Karl Bleibtreu ist es eher unmöglich, sich vorzustellen, dass er im Himmel eine Ruhe gibt. Wahrscheinlich gründet er da oben eine Blaskapelle.



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